An der neuen Schule

Endlich ging es heute los. Mein erster Tag an der Gangwon Myeongjin Schule. Mit exakt einem Wort Koreanisch wollte ich den Tag bestreiten. 안녕하세요! oder besser zu lesen „An-nyeong-ha-se-yo“, was so viel heißt wie guten Tag. Mit diesem Satz, so wurde mir gesagt, käme man gut durch ganz Korea. Dabei die Hände auf den Bauch, verbeugen und lächeln, dann passt das schon. Die Taktik ist gut und funktioniert. Der Empfang war überall super und jeder freute sich, dass ich dieses Minimum an Koreanisch produzieren konnte.

Erster Tagesordnungspunkt: Das Betreten des Hauses

Ganz wichtig: Ins Schulgebäude geht man nicht mit Straßenschuhen. Also Schuhe aus und Hausschuhe an.

Zweiter Punkt der Tagesordnung: Händeschütteln in den Lehrerzimmern.

Im Lehrerzimmer begrüßte mich ein riesiges Poster zu meinen Ehren. Man hatte mir einen Schreibtisch eingerichtet, mit Bilderrahmen und Foto meiner Familie, Kaffeetasse, Taschentücher, Bastelwerkzeug und Netzwerkanschluss. An dieser Stelle hat mich mein Gewissen ein wenig gepiekst, denn so gut hatte ich unsere Gäste nicht versorgt. Anschließend schüttelte ich unzählige Hände und war damit quasi aufgenommen.

Dritter Punkt der Tagesordnung: Besprechen des Wochenplans

Zum Besprechen meines Stundenplans für die kommenden Wochen lud mich meine Tandempartnerin „Song“ auf einen Kaffee in das schuleigenen Café ein. Kein schlichter Filterkaffee, sondern ein waschechter Barrista Kaffee aus einem Siebträger, serviert von einer Schülerin. Barrista ist ein Unterrichtsfach und die Schülerin hatte wohl sehr gut aufgepasst.

Vierter Punkt der Tagesordnung: Der erste Unterricht


Über den ersten Unterricht möchte ich eigentlich nicht so viel schreiben. Ich habe ihn nicht verstanden, und damit meine ich nicht die Sprache. Ich glaube, ich muss erst noch mehr Unterricht sehen, bevor ich mir eine Meinung bilden darf. In jedem Fall wurde mir das zu Grunde liegende Konzept nicht klar. Ich mache es also kurz. Zwei Schülerinnen, eine 56 Jahre alt und eine 17. Beide blind. Wir waren Müll im Hof sammeln, haben Blüten angefasst und den (leider immer im Zwinger eingesperrten) Schulhund besucht.

Vierter Punkt der Tagesordnung: Treffen mit dem stellvertretenden Schulleiter

Mein erstes Treffen mit der Leitung verlief etwas eigen. Laut Plan sollte es 30 Minuten dauern. Als ich mit Song zum Büro kam war niemand da. Als wir wieder gehen wollten kam der Stellvertreter den Gang entlang gelaufen und sagte etwas, das wohl deutsch war. Anschließend sagte er noch viel mehr, allerdings nicht zu mir, sondern zu Song. Dann drehte er sich um und ging wieder. Anschließend führte mich Song in den dritten Stock und zeigte mir einen Raum in den ich mich, wenn ich wolle, ab jetzt immer zurückziehen könne, wenn ich keinen Unterricht habe. Da ich das aber nicht wollte gingen wir zurück ins Lehrerzimmer. Kaum dort kam der Stellvertreter wieder zurück. Diesmal bewaffnet mit einem Handy und dem Google Übersetzer. Siehe da. Jetzt klappte es gut mit einem Gespräch und ich war ziemlich erleichtert, dass ich wohl doch nichts falsch gemacht hatte.

Fünfter Punkt der Tagesordnung: Ich stelle mich dem Rest des Kollegiums vor

Am Nachmittag gab es eine Lehrerversammlung. Auf dieser sollte ich mich nun allen vorstellen. Darauf war ich vorbereitet. Mit einer 111 Folien in 5 Minuten Präsentation über mich konnte ich die Sprachbarriere ganz gut überwinden. Es waren nur Bilder drauf. Nach der Präsentation sprach mich eine junge Lehrerin an. Sie sagte mir: „Please don’t think we don’t like you. We all like you. But everyone is afraid, because we don’t speak English well.“ Ich erwiderte, dass mein Koreanisch ja quasi nicht vorhanden sei und ich auch nicht erwarten würde, dass sich deswegen jeder mit Englisch verbiegen müsse. Anscheinend war das genau die richtige Antwort, danach kam ich mit vielen Kollegen ins Gespräch.

Sechster Punkt der Tagesordnung: Der Betriebsausflug der Schule

Wie es der Zufall so wollte fand ausgerechnet heute der Betriebsausflug statt. Dafür entschuldigte man sich erst einmal bei mir. Denn: Es gäbe nur rohen Fisch. Die Erleichterung war groß, als ich sagte, dass ich das gerne probieren würde. Trotzdem wurde sich von unterschiedlicher Seite her noch mehrfach entschuldigt und gewundert.

Das Abendessen war ein weiteres kulinarisches Erlebnis. Ich glaube rohen Fisch muss ich nicht jeden Tag essen, aber so ab und zu ist das gar nicht schlecht. Fisch und Muscheln schmecken roh durchaus gut, nur die Seegurke war mir zu knurpsig. Es gab Essen im Überfluss und ständig wurden Platten abgeräumt und neue Platten serviert. Man prostete sich mit Soju zu (ein koreanischer Schnaps) (dabei immer auf Glas schauen und beim Einschenken das Glas in der rechten Hand halten und mit der linken Hand den Arm unterstützen (wichtig!!!)) und dann und wann stand ein Mitarbeiter auf und sprach einen Toast aus. (Ich musste auch einmal ran.) Als eine der letzten Speisen wurde dann roher Tintenfisch serviert. Letzterer übertraf an Frische alles. Die Tentakel bewegten sich noch auf dem Teller und man musste ihn gut kauen, da sich die Saugnäpfe wohl noch in der Speiseröhre festhalten können. Bon appetit.

Comments

  1. Karin Tschitschke says:

    Lieber Erich,
    das ist so genial, wie du schreibst und – bei dem Tintenfisch bin ich raus! Aber natürlich muss ich das gar nicht extra erwähnen. Hui, das ist echt eine Herausforderung. Hast du den wirklich gegessen????
    Alles sehr aufregend! Vielen Dank, dass wir dabei sein dürfen!!!

    1. erichrueger says:

      Liebe Karin,

      vielen Dank für das Lob.
      Der Tintenfisch hat bei mir nur eine Zwischenstation gemacht, ist am kommenden Morgen wieder ins Wasser geplumpst und die Reise durch die Kanalisation in Richtung Meer angetreten.

  2. Susanne L. says:

    Hallo Erich,

    Gudrun und ich haben eben deine neuesten Erlebnisse genossen und herzhaft gelacht! Du bist genau der richtige Mann für Austausch und blog! Wir ziehen den Hut, dass du zappelndes Getier als Speise anerkennst…unsere Grenze ist da erreicht und überschritten. 😉
    Wir freuen uns auf deine nächsten Berichte!

    LG aus dem Sekretariat!

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