Coole Tour, (Ess-)Kultur

Was für ein Tag. Eigentlich bin ich gerade erst aufgestanden und jetzt ist es schon wieder kurz nach Mitternacht.

Aber der Reihe nach. Der Sportlehrer der Schule hatte mich eingeladen heute auf einen Schülerausflug mitzukommen. Es ging um Tandemfahren. Pünktlich stand ich am Treffpunkt und wartete auf das Eintreffen der Klasse. Die „Klasse“, so stellte es sich heraus, bestand aber nur aus zwei sehbehinderten Schülern, deren Alter ich so auf 13-14 Jahre schätzen würde. Vor der Abfahrt wurde ich noch gewarnt, dass die Fahrt an die zwei Stunden dauern könnte. Das fand ich nicht so bedrohlich und nach der obligatorischen Sicherheitseinweiseng („Brakes here!“) durfte ich mit einem mutigen Schüler auf dem hinteren Sattel dem Sportlehrer auf dem Fahrrad hinterhersausen. All zu viel Tandemerfahrung schien der Schüler auf meinem Rad noch nicht zu haben. Mehrfach rief er auf koreanisch erschrocken auf, wenn ich seiner Meinung nach einem Poller zu nahe kam oder einen Abhang zu schnell hinunterwetzte. Am Anfang war die Strecke eher unbequem für ein langes Tandem, denn wir mussten häufig die Straßen überqueren, an Ampeln warten oder um enge Kurven herumkommen. Sobald die Stadt aber hinter uns lag wurde es landschaftlich wunderschön. Der Weg war extra für Fahrräder ausgebaut und führte am Fluss entlang. Heute war der Himmel blau, die Sonne strahlte herab und die Kirschblüte hatte begonnen. An Stellen, an denen das Ufer des Flusses zu steil verlief, wurde der Weg über parallel verlaufende Brücken weitergeführt. So aufwändig gestaltet habe ich das noch nirgends gesehen. Zusammen mit der Bergkulisse und dem Fluss war es beeindruckend schön. Unterwegs hielten wir noch auf einen Kaffee an und sonnten uns am Flussufer. Anschließen ging es weiter zum Mittagsstop mit kalten Nudeln in Chilisauce. Das wird jetzt nicht mein Lieblingsessen, aber es ist recht schmackhaft und direkt nach der Tour lud mich der Sportlehrer auch noch zum Abendessen für das regionale Leibgericht „chicken and beer“ ein.

Nach der Fahrradtour hatte ich ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Firma, die im Auftrag des koreanischen Kultusministeriums alle Braillebücher für Korea erstellt. Es war spannend, dass auch hier nur mit Wasser gekocht wird und dass die grundlegenden Probleme bei der Buchübertragung und Produktion überall ähnlich sind. Zur SightCity kommt er nach Deutschland und würde gerne unsere Schule besuchen.

Das Gespräch war noch nicht zu Ende, da wurde ich zur Musik-AG gerufen. Die Schüler spielten sich mit ein paar Übungen warm und präsentierten dann stolz (und zu meinen Ehren, wie sie sagten) unterschiedliche Variationen ihrer Nationalhymne und Ausschnitte aus Filmmusikstücken. Beeindruckend war dabei die Konzentration der Schüler mit der sie bei der Sache waren. Sie hörten auf jedes Wort des Musiklehrers und setzten seine Anweisungen erfolgreich um.

Kaum war die Musik-AG vorbei (mittlerweile war es 5 Uhr Nachmittags) musste ich auch schon weiter zum Abendessen. Mittlerweile hatten sich drei weitere Lehrer der Verabredung angeschlossen. Als ich in das Restaurant kam war die Gruppe schon durch ihr erstes Bier und áuf dem Tisch standen bereits die ersten Hühnerbeine in Honig-Chili Sauce. Kaum saß ich stand auch ein Bier vor mir. Um es aber auch koreanisch genießen zu können wurde es mit einem Glas Soju verfeinert. Schmecken kann man das kaum, dafür spürt man es später um so deutlicher im Kopf. Das Gespräch war sehr ausgelassen, auch wenn ich nicht mehr als 5% verstehen konnte. Song erzählte von den „Chicken Assholes“, die ich neulich in einem anderen Laden entdeckt hatte. Postwendend bestellte die Gruppe eine Portion und so blieb mir keine andere Wahl als sie zu probieren. Glücklicherweise bleibt einem der genau Anblick erspart. Die „Assholes“ sind paniert und frittiert und sehen auch ich großartig anders aus als frittierte Schrimps. Ihr Geschmack ist wenig aufregend. Frittiertes Hühnchen eben. Was sie nach meinem Dafürhalten weniger attraktiv macht ist die knorpelige Konistenz, die einen gleich daran erinnert, dass vielleicht nicht alle Körpereile eines Tiers auch für einen Verzehr geeignet sind.

Nach dem Abendessen wollte ich eigentlich nach Hause, aber die Gruppe schlug eine weitere „social time“ vor. Ein paar Straßen weiter ging es in ein neues Lokal und es wurde wieder Essen bestellt. Dazu gab es ein milchiges und wohl recht alkoholhaltiges Getränk aus Reis, dessen Namen ich nicht verstand. Das Getränk war lecker, die dazugehörige Beilage nicht so sehr. Was es genau es war kann ich nicht sagen. In jedem Fall ein Insekt, bzw. etwas, das mal ein Insekt werden wollte. „Caterpillar“ war die Antwort und „rich protein“ die Begründung. Das erste in Essigwasser eingelegte Tierchen konnte ich noch interessiert probieren, etwas nussig im Geschmack aber wenig lecker und undefiniert im Abgang. Beim zweiten Tier kam dann ein leichter Brechreiz in mir auf und ich beließ es bei der zweimaligen Erfahrung.

Mit dem Bericht von dieser kulinarischen Köstlichkeit verabschiede ich mich jetzt ins Bett. Wer Appetit bekommen hat sollte sich umgehend bei mir melden, dann kann ich sicherlich noch ein paar very hungry caterpillars einpacken.

Gute Nacht.

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